Philosophische Kunstherapie in der Gruppe

Seminar in Zusammenarbeit mit einer psychotherapeutischen Praxis

Philosophische Kunstherapie in der Gruppe

von

Christina Petters

 

Überblick

 

I. Leitgedanken
I.1 Überlegungen zur Zielgruppe
I.2 Einführung


II. Die Ausführung
II.1. Vorstellrunde: Die Sammlung
II.1.a Karten
II.1.b Wortwolken
II.1.c Beispiel für Kombination

II.2 Einstieg über das Wort
II.2.A Beispiel: Raum (Lebensraum, Ereignisraum)
II.2.A .a Philosophische Aussage
II.2.A.b Erläuterung
II.2.A.c Hinführung zum Thema
II.2.A.d Themanennung
II.2.A.e  Anregung zur Herangehensweise und Motivwahl

II.2 B Beispiel: Unbedingtheit, Bedingungen
II.2.B.a Philosophische Aussage
II.2.B.b Erläuterung
II.2.B.c Hinführung zum Thema
II.2.B.d Themanennung
II.2.B.e Anregung zur Herangehensweise und Motivwahl

II.3. Gemeinschaftliches Malen
II.4. Reflexion über die Bilder


III. Schnittstellen zur psychotherapeutischen Intervention
III.1 Vorstellrunde: Die Sammlung
III.2 Einstieg über das Wort
III.3 Reflexion über die Bilder

 

 

 


I. Leitgedanken
I.1 Überlegungen zur Zielgruppe

Angesprochen werden Privatpatienten und Selbstzahler. Das heißt ein mittleres bis gehobenes Bildungs- und Einkommensniveau und eine durchschnittlich, gesetztere Altersstruktur.

Die philosophisch geprägte, kunsttherapeutische Malgruppe kommt aus dem praxisnahen, als auch aus einem breiteren Umfeld, dass sich bei herkömmlichen Kreativ- und Bildungsangeboten nicht angesprochen fühlt. Interessante Fragestellungen zur Selbst- und Weltbeschreibung entwickeln die Zugkraft des Ungewöhnlichen im Vertrauten.

I.2 Einführung
Die Philosophie geht Fragen nach Sinn und Zusammenhängen des Lebens nach. Bezugspunkte sind das Selbst und die Welt, in denen sich Leben vollzieht.
Die Kreativität schöpft aus Beständen der Erfahrungen, die nicht zwingend die eigenen sein müssen. Sie verbindet diese Erfahrungen zu etwas Neuem, dass in die Welt, als auch in das Selbst hineinwirkt.

Eine philosophische Aussage zielt direkt auf Grundfragen des Seins und den damit verbundenen Problemstellungen. Eine Erläuterung ermöglicht auch dem Laien das sinnlich Wahrnehmbare der Aussage denkerisch zu erfassen. Ein Blickwinkel wird geöffnet. Beispiel aus der Lebenspraxis wirken hierbei unterstützend.
Im kreativen Akt erfährt das Denken mit dem Gedachten einen Zusammenschluss im unmittelbaren Erleben. Das Denken vollzieht das Sein im verarbeitenden, kreativen, sich ausdrückenden Prozess. Das Denken wird nicht aus der Idee der Intuition ausgeklammert, sondern ist im Ereignis des Seins integriert.
Das Schwert des Verstandes wird geschärft, die Wahrnehmung sensibilisiert und die Ausdruckskraft gestärkt.
Denkmuster, Wahrnehmungen, Einstellungen und Realitäts- und Ich-empfinden können deutlicher und besser in Zusammenhang mit der Mitwelt gebracht werden, der Handlungsspielraum erweitert werden. Hierin liegt die therapeutische Kraft.

„Das Beste, was man erhoffen kann zu vollbringen, ist, den anderen an etwas zu erinnern, was er bereits weiß.“

(Platon)

Diese Methodik, den Intellekt mit der Kreativität zu verbinden, vertieft ihre besondere Wirkung durch Wiederholungen. Diese erfolgt durch Zerlegung der Aussage in Begriffe, die in verschiedenen Ebenen übersetzt und behandelt werden, bis hin zum Ausdruck im kreativen Akt, der anschließenden Revision und Reflexion.

In jeder Sitzung wird, mit einer philosophische Aussage und deren Erläuterung, der Einstieg gegeben. Die Hinführung zum Thema übersetzt die Aussage in lebenspraktische Bereiche. Erst dann wird das Thema genannt.
Ein dialektisch geprägtes Begriffspaar wird behandelt, das Eigene im kreativen Akt daraufhin ausgedrückt. Im kreativen Akt findet durch die „Verarbeitung“ des Gedachten im Denken eine Veränderung statt, die im kreativen Ausdruck Wirklichkeit wird, also wahr wird.


Verborgenes Inneres wird ins sichtbare Außen transportiert und kann so anders, nämlich deutlicher, wahrgenommen werden.
Die Reflexion der eigenen Arbeit dient der Selbstvergewisserung und soll mehr und mehr Sicherheit verleihen. Sie findet im Anschluss der Text - und Malphase gemeinsam in der Gruppe statt.
Die Revision kann durch das gemalte Bild, als Echo des Ereignisses, länger nachwirken.
Revision und Reflexion kann in der Gruppe, am selben Abend, als auch in den Sitzungen der Einzeltherapien ihren Raum finden.
Auf die am Anfang stehende Vorstellrunde wird im Verlauf des Abends nur eingegangen, wenn dies von einem Klienten selbst angesprochen wird.

Programm

Philosophische geprägte, offene Malgruppe
Freitags: 16.30-19.00 Uhr
18.30 – 19.00 Uhr  Sammlung
19.00 – 19.30 Uhr Texteinführung, Thema
19.30 – 20.35 Uhr Malen
20.35 – 20.50 Uhr Gemeinschaftliche Reflexion                          
20.50 – 21.00 Uhr  Gemeinsames Aufräumen, und Verabschiedung                         
Teilnehmerzahl: 5-8

 


II. Die Ausführung
II.1. Vorstellrunde: Die Sammlung

In der Vorstellrunde wird jeder Klient sein Befinden artikulieren. Vorbereitet Karten markieren Haltepunkte. Über das Sprechen sammelt der Einzelne seine Gedanken und sich selbst. Über das Zuhören sammelt sich die Gruppe.


II.1.a Karten:
Ein Stapel mit vier Karten geht von Person zu Person. Die Karten haben die Farben grün, rot, blau und gelb. Farben werden grundsätzlich, assoziativ mit Gefühl und Stimmung in Verbindung gebracht. Auf jeder einzelnen Karte ist eine Wortwolke aufgedruckt. Die Wortwolken geben Anregungen, das eigene Gefühl in Worte zu fassen.
Der Klient wählt die Farbkarten und Begriffe, die auf seine aktuelle Situation und Gefühlslage passt.  Die Karten sind ein Angebot, das variabel genutzt werden kann und dabei eine Stringenz in der Formulierung unterstützt.  
Ziel der Karten gestützten Sammlung, ist der jeweilig konzentriert formulierte, aktuelle Standpunkt, von dem aus der Klient in das Setting einsteigen kann.


II.1.b Wortwolken:
Rot: Blut, Liebe, Erotik, Auflehnung, Widerstand, Schmerz, Aggression, Bewegung, Wein, Verbot, Alarm, Scham, Feuer, Korrektur, Dichte
Blau: Himmel, Treue, Lösung, Weite, Kälte, Unbekanntes, Wasser, Frische, Meer, Gebot, Adel, Trunkenheit, Freiheit, Nacht, Romantik, Melancholie

Grün: Wachstum, Hoffnung, Frühling, Unreife, Pflanzen, Erlaubnis, Ruhe, Frische, Entspannung, Harmonie, Heilung, Verjüngung, Lorbeerkranz

Gelb: Licht, Erkenntnis, Freude, Wachheit, Reife, Neid, Eifersucht, Freundlichkeit, Lebensfreude, Strahlen, Sonne, Ruhm, Zitronen

II.1.c Beispiel für Kombination:
Rot/Dichte + Blau/Kälte + Grün/Lorbeerkranz + Gelb/Strahlen
Die letzte Woche war es in der Firma ein Hauen und Stechen. Jeder meiner Mitarbeiter drängt nach oben. Ich konnte kaum mehr atmen. Jeder denkt an sein eigenes Fortkommen.. Es geht nur um den geschäftlichen Erfolg, nur um Zahlen. Ich spiele keine Rolle. Bei meinen Chefs auch nicht. Ich bin ersetzbar, jederzeit.
Meine Frau winkt ab. Teils ärgert mich das, teils bin ich froh, dass ich Zuhause nicht den Strahlenmann geben muss.

 

II.2 Einstieg über das Wort

II.2.A Beispiel Raum (Lebensraum, Ereignisraum)
II.2.A .a Philosophische Aussage

„Endlich ist mein Leib für mich so wenig nur ein Fragment des Raumes, dass überhaupt kein Raum für mich wäre, hätte ich keinen Leib“

Maurice Merleau-Ponty (1908-1961)

II.2.A.b Erläuterung
Mein Sein, das Ich, dazu gehört mein Leib.
Der Leib, ein durch Haut abgegrenzter Raum.
Raum kann nur in der Begrenzung wahrgenommen werden. Der unendliche Raum ist weder denkbar noch sinnlich erfahrbar.
Zusammengefasst heißt das:
Wir erleben Raum durch Grenzen und überschreiten diese dadurch, dass wir ihn wahrnehmen, erleben und dabei uns selbst wahrnehmen und erleben. Unser Leib, in allem was Raum ist,  ist ein Ereignisraum. Lebensraum.


II.2.A.c Hinführung zum Thema
Praktische Übung zu Raumwahrnehmung:
Die Gruppe bekommt einen Laib Brot gezeigt. Dieser Laib Brot begrenzt einen Raum, liegt im begrenzten Raum des Zimmers, des Hauses, der Straße, der Stadt, des Landes, des Kontinents, der Erde, des Sonnensystems, der Galaxie, der Milchstraße, dem All... weiter lässt sich nicht einmal denken.
Ich schneide den Brotlaib entzwei. Jeder bekommt ein Stück. Jeder betrachtet mit seinen Augen sein Stück Brot, riecht daran, betastet es, bricht ein Stück ab und steckt es sich in den Mund um dem nachzugehen, wie Zunge, Zähne, Gaumen, das Kauen, Schmecken und Schlucken passiert, wie es sich ereignet, wie es sich anfühlt.

Die praktische Übung wird von mir vorher erklärt, damit die Klienten einordnen können, was das soll und was ihre Aufgabe dabei ist.

Im erlebten Ereignis wird der Außenraum zum Innenraum.
Genauso verhält es sich mit allem anderen, das ich mit meinem Leib erlebe. Sex, Zärtlichkeit, Schmerz, Anstrengung, Müdigkeit, Isolation. Leib ist Lebensraum, ist Ereignisraum.


II.2.A.d Themanennung
Das heutige Thema ist Raum, als Ereignisraum und Lebensraum.


II.2.A.e  Anregung zur Herangehensweise und Motivwahl
In welchem Lebensraum, in welchem Ereignisraum fühle ich mich besonders gut oder besonders schlecht? Was sehe, schmecke, höre und spüre ich dabei? Was spüre ich besonders intensiv? Welche Sehnsucht tut sich dabei auf? Wo erlebe ich mich wie?

Dargestellt werden kann beispielsweise ein Laib Brot, ein Getreidefeld,  eine Figur, genauso wie Situationen von Einsamkeit oder Druck, eine Krankheit genauso wie die Sehnsucht nach Zärtlichkeit, oder danach, sich wieder zu spüren. Weite, Enge, oben, unten, mittendrin, alles ist möglich. Jeder ist in seinem Ausdruck frei.

Fragestellungen oder Ausformulierung eines Gedankens, seitens der Klienten, werden direkt im Kontext aufgenommen und besprochen. Das „Zerreden“ oder „Schwätzen“ halte ich allerdings für eine Störung der Konzentration des Einzelnen, als auch der Gruppe. Sollte größerer Gesprächsbedarf bestehen, wird die Gruppe gefragt, ob sie dem im Plenum nachgehen möchte. Wenn nicht, biete ich dem Einzelnen an, sich während die anderen malen, mit mir separat auszutauschen.

 

II.2 B Beispiel: Unbedingtheit, Bedingungen
II.2.B.a Philosophische Aussage

"Der Einwand, der Seitensprung, das fröhliche Misstrauen, die Spottlust sind Anzeichen der Gesundheit: alles Unbedingte gehört in die Pathologie."
Friedrich Nietzsche (1844-1900):

II.2.B.b Erläuterung
Unbedingt heißt: ohne jede Einschränkung, in jedem Fall.
Nietzsche hat sich wieder einmal drastisch ausgedrückt. Er bezieht Position, dass das, was alles für das Unbedingte gehalten wird, so nicht stimmen kann. Laut Nietzsche müssen wir hinsehen, hinterfragen, Steine umdrehen, etwas anderes ausprobieren, sonst entwickeln wir uns nicht weiter, werden krank und degenerieren.


II.2.B.c Hinführung zum Thema
Zur Figur der Unbedingtheit gehört die Annahme, dass Wissen abgeschlossen sein kann, dass es so etwas wie Objektivität geben kann, dass Leben kontrollierbar ist.
Tatsächlich ist jeder in jeder Situation anders, weil Leben und die Erkenntnis darüber sich ständig selber überholen.


Was zählt zum Unbedingten?
Der Termin am nächsten Vormittag?
Das ich meine Rechnungen bezahlen muss?
Das ich meine Leistung abrufe, mehr noch, sie optimiere?
Diese Dinge sind sicher wichtig und haben, wenn sie nicht verfolgt werden, ihre Konsequenzen. Welche das sind, kann im Vorfeld nicht mit Sicherheit gesagt werden. Genauso wenig, wie gesagt werden kann, wie es sich verhalten wird, wenn die Dinge erledigt werden.
Allgemein gehen wir von der Konstruktion Ursache – Wirkung aus. Doch sind wir selbst weder unbedingte Ursache, noch unbedingte Wirkung. Zuviel hängt voreinander ab. Überraschungen wie Enttäuschungen hat jeder in seinem Erfahrungsschatz gesammelt.
Geschehen, hängt vom Zusammentreffen bestimmter Bedingungen ab.

Wir schlagen uns also mit Annahmen herum. Hoffnungen, Erwartungen, Befürchtungen, Argwohn, wie auch immer. Das ist diffus, nicht fassbar und verunsichert. Die Annahme der Unbedingtheit dagegen gibt Halt, eine Struktur und verlegt die Verantwortung an das angenommene Unbedingte.
„Ich kann nicht anders. Ich muss das tun. Das ist halt so. Das wird so von mir verlangt.“

Unbedingtheit steht der Bedingung gegenüber. Unbedingtheit heißt also nicht unter jeder Bedingung, sondern schließt vielmehr jede Bedingung aus.
Bedingungen fordern mehr. Anpassung, Spezialisierung, Flexibilität, Handeln, Geduld, das Einstehen  für die eigenen Interessen…
Bedingungen machen vor allem eines: viel Arbeit. Wir müssen wahrnehmen, denken, abwägen, zwischen Möglichkeiten entscheiden, handeln und mit dem was kommt umgehen, was auch immer da kommen mag.

II.2.B.d Themanennung
Unser Thema heute sind Bedingungen und Unbedingtheit.


II.2.B.e Anregung zur Herangehensweise und Motivwahl
Welche Bedingungen stelle ich? Welche Bedingungen werden an mich gestellt? Wo gehe ich von Unbedingtheit aus? Lässt sich dort vielleicht eine Bedingung abringen?

Dargestellt werden kann beispielsweise ein Geflecht, ein Position, ein Gebilde, dass sich ausdifferenziert, oder konzentriert, Gegensätze, Übereinstimmungen, ein Ursache-Wirkungskonzept, eine Situation der Balance oder des Ungleichgewichts, ein Dilemma genauso wie eine Loslösung, Mut genauso wie Angst und Vorbehalte.

Fragestellungen oder Ausformulierung eines Gedankens, seitens der Klienten, werden direkt im Kontext aufgenommen und besprochen. Das „Zerreden“ oder „Schwätzen“ halte ich allerdings für eine Störung der Konzentration des Einzelnen, als auch der Gruppe. Sollte größerer Gesprächsbedarf bestehen, wird die Gruppe gefragt, ob sie dem im Plenum nachgehen möchte. Wenn nicht, biete ich dem Einzelne an, sich während die anderen malen, mit mir separat auszutauschen.

 

II.3. Gemeinschaftliches Malen

Verwendet werden Farbpigmente mit Acrylbinder auf unterschiedlichen Untergründen. Die Farben werden von mir pastös angerührt und kann nach Belieben mit Wasser verdünnt werden.
Angeboten werden kaschiertes Papier,  Leinwände (nicht gespannt) und präparierter Karton im annähernden Format DIN A 2. Natur-Borstenpinsel in verschiedenen Stärken und Schwämme passen zur Farbkonsistenz am besten. Lappen und Abdeckungen sind selbstverständlich. 
Die Klienten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie ihre hochwertigen Kleidungsstücke mit einem alten Hemd und einem Geschirrtuch auf dem Schoß vor Farbspritzer schützen.

Ich werde jedes Mal ein bis zwei grundsätzliche Techniken erläutern: Bildaufbau, Bildsprache, Symbole, Perspektive, Verzerrung, Strukturen, Farblehre, Ton-in-Ton, Lasuren,...
Nicht zu viel, da es nicht darum geht „schöne“ Bilder zu malen, sondern um den Akt des Malens selbst. Das Bild ist Abbild, der visuelle Widerhall, des erlebten Ereignisses. Dies wird von Mal zu Mal kommuniziert.

Pro Sitzung wird von jedem Klienten ein Bild gemalt. Gibt es dabei Fragen oder Probleme, gehe ich direkt im leisen Gespräch darauf ein.
Die Konzentration der Gruppe steigt mit der Konzentration jedes Einzelnen. Im gemeinsamen kreativen Arbeiten erfährt sich der Einzelne als Einzelner, als auch als Teil der Gruppe.

Philosophisch lässt sich das gut begründen:

„E – B – A ist das allgemeine Schema des bestimmten Schlusses. Die Einzelheit schließt sich durch die Besonderheit mit der Allgemeinheit zusammen; das Einzelne ist nicht unmittelbar allgemein, sondern durch die Besonderheit; und umgekehrt ist ebenso das Allgemeine nicht unmittelbar einzeln, sondern es lässt sich durch die Besonderheit dazu herab. – Diese Bestimmungen stehen als Extreme einander gegenüber und sind in einem verschiedenen Dritten eins. Sie sind beide Bestimmtheit; darin sind sie identisch, diese ihre allgemeine Bestimmtheit ist die Besonderheit. Sie sind aber ebenso Extreme gegen diese als gegeneinander, weil jedes in seiner unmittelbaren Bestimmtheit ist. „
Hegel, Georg W.F. Wissenschaft der Logik

Dieser erlebte Zugewinn kann als „Geistsphäre“ wahrgenommen werden, die nur unzureichend als gute Atmosphäre übersetzt werden kann. Vielmehr schafft es einen Zusammenschluss von vielen Einzelnen, als auch dem Einzelnen an sich und der Welt, als holistisches Erlebnis, wenn man so will, wenn gleich es kein holistisches Ereignis ist. Doch erinnert es an das eigenen Selbst und dessen Bindekräfte. Daraus sollte mit den Wiederholungen ein wieder-holen des Vertrauen in das eigene Selbst möglich werden.


II.4. Reflexion über die Bilder

Die geistige Verarbeitung des Textes, der Aussage, als auch der kreativen Akt sind Arbeit. In der Erschöpfung, die in der Reflexionsphase angenommen werden darf, macht sich dieses bemerkbar. Dieser Umstand wird kommuniziert und gewürdigt.
Die Bilder werden nach Abschluss der Malarbeiten nebeneinander gelegt und gemeinsam betrachtet. Das einzelne Werk gewinnt, in der Zusammenschau mit den Bildern der Anderen, ein Zusammenfallen der Beobachter- und Teilnehmerperspektive. Weiter kann das Einzelne als Teil eines Ganzen wahrgenommen werden. Ein identifikationsstiftendes Geschehen, dass sich auf das Selbst und die Gruppe bezieht.
Wer sein Bild erläutern mag, darf dies gerne tun. Fragen eines Klienten, werden in erster Linie vom Schöpfer des Werkes selbst beantwortet werden, wenn er es denn will und kann. Erst wenn diese Möglichkeiten erschöpft sind, kommentiere ich.
Es gibt keinen Zwang und keine Wertung. Der schöpferische Prozess, die Auseinandersetzung mit den Gedanken wirken nach. Zwang oder Wertung wirken kontraproduktiv und werden im Aufkommen von mir umgehend aufgelöst.

Die Bilder dürfen mit nachhause genommen werden, als auch in den Praxisräumlichkeiten verbleiben, falls sie noch nicht getrocknet sind.

 

II. Schnittstellen zur psychotherapeutischen Intervention

II.1 Vorstellrunde: Die Sammlung

Statt der Karten kann das „freie“ Formulieren in der Runde praktiziert werden. Die typische Vorstellrunde bietet mehr Entfaltungsmöglichkeit des Einzelnen. Es erleichtert womöglich das „Loswerden“ aufgestauter, negativer Gefühle. Für die Bezugnahmen auf vorangegangenen therapeutischen Gruppensitzungen ist es ebenfalls gut geeignet.
Es dient aber weniger der Konzentration auf sich selbst im kommenden Ereignis. Dies müsste kompensiert oder in Kauf genommen werden.


II.2 Einstieg über das Wort

Nach philosophischem Statement und Erläuterung, könnte das Thema gleich genannt und im Plenum diskutiert werden. Die Klienten sind dann aufgefordert ihren Beitrag zu leisten. Das Verarbeitungspotential des Einzelnen steigt mit der Teilhabe an der Diskussion. An der Stelle ist viel Raum für Gruppendynamik. Da es um Grundbegriffe des Seins geht, wird diese eine besondere Qualität mit sich führen, in der die Kommunikation nur scheinbar auf einer Sachebene abläuft, tatsächlich aber wesentlich mehr in den Tiefen der Beziehungsebene ausgetragen wird. Spannung und Sprengkraft sind gesichert.
Es wird einer souveränen Moderation bedürfen, um den Einzelnen, wie die Gruppe zu aktivieren, sich zu öffnen für den sich anschließenden kreativen Akt.


II.3 Reflexion über die Bilder

Einen bündigen Abschluss zu finden, fällt einer besonderen Bedeutung zu, da er die Arbeit im Fortgang „begründet“.
Thema, Gruppendynamik und Tagesform des Einzelnen, wird den Gesprächsbedarf des Einzelnen und der Gruppe auch zu diesem Zeitpunkt prägen. Berücksichtigt werden muss, dass die Klienten  sich in ihrer Arbeit ein Stück weit „erschöpft“ haben. Das kann sich in Ruhe wie Gereiztheit äußern.
Ein Keks (Cookiegröße) mobilisiert noch einmal die Kräfte, die für einen guten Abschluss gebraucht werden.
Die Reflexionsphase bietet ordnende Punkte an:
⁃ Eine erste Reflexion verankert das Erlebnis tiefer in das gemalte Bild.
⁃ Negative Stimmungen können spätestens hier formuliert werden.
⁃ Gruppendynamische Turbulenzen können benannt werden.
⁃ Fragen, Antworten und Kommentare eröffnen unter Umständen eine andere Sichtweise.
⁃ Die Klienten erfahren sich und ihr Bild in der Gesamtbetrachtung neu.
⁃ …

Während in der Offenen Gruppe die Reflexionsphase eher kurz gehalten wird, ist in der Therapeutischen Gruppe eine ausreichende Abschlussrunde besonders wichtig. Sie gibt einen brauchbaren Ansatzpunkt für die nächste Sitzung, ob in der Einzel- oder Gruppentherapie. Wenn Klienten sich mit dem frischen Erleben direkt an den Therapeuten wenden können, ist dies von großem Wert, da Informationen aktuell, das heißt ohne größere Verfremdung, zum Therapeuten gelangen, der Klient, treu des Ereignisses, ein Zeugnis formulieren kann.
 

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